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DORMAGO

Verbraucherzentrale zieht Jahresbilanz

01.06.2017 / 20:27 Uhr — Dormago

Dormagen. Für 4105 Menschen war die Verbraucherzentrale Dormagen an der Kölner Straße 126 im letzten Jahr Wegweiser zu Rat und Recht. Online shoppen, via Smartphone bezahlen, per Mausklick einen Kredit aufnehmen - diese Verbraucherprobleme im digitalen Konsumalltag bestimmten die Arbeit der Beratungsstelle. Dauerbrenner wie Drücker an der Haustür oder einschüchternde Inkassoforderungen sind nach wie vor bedeutende Themen.

Mal winkt eine Fitnessuhr als Gratisgeschenk, mal lockt ein Gewinnspiel zu Routenplanern im Internet. Andernorts preist eine Onlineplattform unschlagbare Schnäppchen an oder sind vermeintliche Gratis-Kochrezepte nur einen Mausklick entfernt. Fast immer gemeinsame Zutat: Geschickte Täuschung, damit arglose Nutzer kostenpflichtige Bestellungen vornehmen oder in ungewollte Abos tappen. „Und gemeinsam ist den von Abzockern im Internet Geleimten, dass sie sich hilfesuchend an die Rechtsberatung der Verbraucherzentrale wenden“, bilanziert Beratungsstellenleiterin Paulina Wleklinski eine anhaltend hohe Nachfrage bei den Rechtsberatungen.

„Unverlangtes Werben am Telefon, Unterschieben von Verträgen oder eigenmächtige Vertragskündigungen ohne Vollmacht des Kunden - dieses Trio haben wir in 2016 als Türöffner ausgemacht, um an Haustür und Telefon zum Abschluss neuer Energielieferverträge zu kommen“, berichtet Monika Orthmann. Akribisch hat die Verbraucherzentrale Buch geführt, durch welche Überrumpelungsmaschen Verbraucher in ungewollten Energielieferverträgen landen. So hatten Ratsuchende in der Beratung geschildert, dass sich Unternehmen bei ihnen unaufgefordert am Telefon gemeldet und dann mit der Nachricht überrascht hatten, dass angesichts der anstehenden Gas- oder Strompreiserhöhung ein Anbieterwechsel schnell und sorgenfrei echte Ersparnis bringe. Selbst wenn sich Verbraucher bei einem solchen Telefonanruf lediglich mit der Zusendung von Informationsmaterial einverstanden erklärt hatten, wurden ihnen Vertragsbestätigungen nebst allgemeinen Geschäftsbedingungen und Widerrufsbelehrung zugeschickt. Orthmann: „Damit wurde der Eindruck erweckt, dass bereits ein Vertrag zustande gekommen war.“ Das erforderliche Einverständnis für die telefonische Kontaktaufnahme sollten betroffene Verbraucher, so die Behauptung der Anbieter, oft bei deren Teilnahme an Gewinnspielen erklärt haben. Woran sich Betroffene allerdings entweder nicht erinnerten oder dies bestritten.

Vermeintliche Mitarbeiter der örtlichen Energieversorger
Zudem beschwerten sich Ratsuchende, dass Direktvertriebler an der Haustür unter dem Vorwand geklingelt hatten, um über neue Preise informieren, eine Energieberatung durchführen oder auch Vertragsdaten abgleichen zu wollen. Mal waren sie auch unter „falscher Flagge“ gesegelt und hatten sich als vermeintliche Mitarbeiter der örtlichen Energieversorger oder anderer bekannter Institutionen ausgegeben. Mit dieser seriösen Visitenkarte hatten Umgarnte dann schnell Vertrauen gefasst, um sich auf unterbreitete Offerten einzulassen. Und nicht selten wurden fehlende Sprachkenntnisse ausgenutzt, um vermeintlich günstige Strompreise vorzugaukeln, die sich beim Vergleich dann jedoch als viel zu hoch herausstellten. Gegen vier auffällige Anbieter hat die Verbraucherzentrale NRW inzwischen Klage eingereicht.

Einmal mehr mündeten falsche Kreditversprechen in Kostenfallen. Da wurde auf Internetseiten mit verheißungsvollen Adressen wie etwa
sorglosduo.de, firstgold.de oder mastercredit.de der unproblematische Zugang zum bargeldlosen Bezahlen angepriesen, selbst wenn der Finanzrahmen in Schieflage geraten war. „Kredit und Kreditkarte ohne Schufa! Die hochgeprägte Goldkarte winkt auch bei schlechter Bonität!“ – wer das glaubte und bestellte, orderte ungewisse Erfolgsaussichten inklusive. Denn entweder gab es nur teure Prepaid-Kreditkarten oder gar bloß ein paar Antragsformulare für ein Auslandskonto mit Sicherheitsleistung. Im Kleingedruckten der Anbieter war nämlich erwähnt, dass die Anfrage nur an ein Kreditinstitut zur Prüfung weitergegeben werde. „Dessen ungeachtet war nach Bestellung der Kreditkarte eine kostenpflichtige Postsendung per Nachnahme ins Haus geflattert. Diese enthielt aber nicht die erhoffte Kreditkarte, sondern die Aufforderung, eine Ausgabegebühr von 49,90 Euro zu entrichten“, rechnet Paulina Wleklinski vor. Zudem sei eine Jahresgebühr in ähnlicher Höhe angefallen. „Dies alles wurde für eine bloße Prepaid-Kreditkarte verlangt, auf die man vor der Benutzung erst Geld laden muss – und die es anderswo kostengünstiger gibt“, entlarvt sie die Tricks beim Versprechen vom problemlosen schnellen Kredit.

Vor allem ältere Kabelkunden waren Zielgruppe von Werbern für Produkte der Unitymedia NRW GmbH: „Bei ihren Besuchen hatten sie an der Wohnungstür Ängste im Hinblick auf die Einstellung des analogen TV-Programms am 30. Juni 2017 geschürt“, berichtet die Leiterin der Beratungsstelle. Dadurch verunsichert seien dann unüberlegt oft überflüssige und teure Verträge für Telefonie und Internet oder zusätzliche kostenpflichtige TV-Angebote abgeschlossen worden. „Die Werber hatten dabei auf Unkenntnis gesetzt. Denn dass für die anstehende Umstellung von analogem auf digitalen Kabel-Empfang keine neuen Verträge notwendig sind – das hatten sie natürlich nicht verraten“, entlarvt Paulina Wleklinski die Überrumpelungsstrategie.

Bei vielen außergerichtlichen Rechtsberatungen und -vertretungen standen einmal mehr Probleme mit Telekommunikationsanbietern im Mittelpunkt: Zumeist ging es um nicht nachvollziehbare Posten in der Rechnung oder um Schwierigkeiten bei der Kündigung von Verträgen. Oftmals gab es mit den Unternehmen gleich mehrere Probleme. Anlass für Beschwerden gab es zudem, wenn die tatsächliche Leistung und Geschwindigkeit des Internetanschlusses mit den Versprechungen in der Werbung oder des Kundenberaters nicht übereinstimmte. So wollten Ratsuchende etwa wissen, wie es um Entschädigungsmöglichkeiten bei Geschwindigkeitsproblemen bestellt ist.

Unerfahrenheit von Geflüchteten ausgenutzt
Auch erste Verbraucherprobleme von geflüchteten Menschen sind bei der Verbraucherzentrale angekommen: „So hatten umtriebige Mitarbeiter in Telefonshops Flüchtlingen ein kostenloses Smartphone oder Tablet versprochen, sie damit dann in zwei oder gar drei Verträge mit 24-monatiger Laufzeit gelockt“, zeigt Paulina Wleklinski auf, dass die Unerfahrenheit dieser Menschen zum Beispiel bei Vertragsabschlüssen ausgenutzt wird. Aber auch die Zahlungsmodalitäten bei der Energieversorgung mit Abschlägen für Strom und Gas und der Jahresabrechnung für den Gesamtverbrauch sind vielfach unbekannt. Die Beratungsstelle gab 2016 insbesondere Ehrenamtlichen in der Flüchtlingshilfe in Vorträgen gezielt Hilfestellungen.

 

Fotoquelle: duz

Pressefotos
Beratungsstellenleiterin Paulina Wleklinski (links) und Teammitglied Monika Orthmann
Beratungsstellenleiterin Paulina Wleklinski (links) und Teammitglied Monika Orthmann