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DORMAGO

Arbeitspause - Teilrettung von Schreibers Glaskunst ist möglich

15.05.2018 / 19:56 Uhr — Dormago / duz

Dormagen. Otto Andreas Schreiber lebte und arbeitete von 1954 bis zu seinem Tod am 27. Februar 1978 im Alter von 70 Jahren in Dormagen. Auch hier erinnern zahlreiche Arbeiten an den Maler, der "kraftvolle Figuren- und Landschaftsstudien in der Formensprache eines expressiven Realismus schuf", so beschrieben auf dem Rücken des Buches "Otto Andreas Schreiber - Ein Malerleben", das Konrad Donhuijsen und Rosemarie Donhuijsen-Ant im renommierten Kölner Wienand Verlag herausgegeben haben. Von besonderer Bedeutung sind die von Schreiber gestalteten Aulafenster im städtischen Gymnasium, das später den Namen Bettina von Arnim erhielt. Die Aula wird derzeit umfangreich saniert. Dabei wurden sechs von insgesamt zehn Glaselementen, die unter anderem in der "Forschungsstelle Glasmalerei des 20. Jahrhunderts" aufgelistet sind, zerstört. Aus dem Rathaus war jetzt zu hören, dass die Arbeiten im Bereich der Fenster erst einmal "pausieren". Der Kulturausschuss soll sich am 29. Mai mit dem Thema beschäftigen.

Ob die Bedeutung der Fenster ausreichend bekannt war ist fraglich. Der Blick zurück zeigt, dass die Politik lediglich einen Fragenkatalog formuliert hatte, der auch den Erhalt der Bilder im Fensterbereich beinhaltete. Die Antwort seitens der Verwaltung: "Die Fensterbilder können im Zuge der Demontagearbeiten separat ausgebaut und zwischengelagert werden. Ein Wiedereinbau innerhalb der neuen Fassade ist nicht möglich. Über eine neue Wiederverwendung innerhalb der Schule oder an einem anderen Ort muss anderweitig entschieden werden." Genau dies ist offenbar nicht geschehen. Nach Dormago-Recherchen wurden Schreibers Fensterbilder immerhin fotografisch festgehalten. Die entsprechenden Aufnahmen sollen dem Kreisarchiv zur Verfügung gestellt werden. Doch noch besteht die Möglichkeit, zumindest die erhaltenen Glasfenster zu retten. Auch Dr. Mathias Schreiber, der Sohn von Otto Andreas Schreiber und frühere Kultur-Chef des SPIEGEL, hat Kontakt zur Stadtverwaltung aufgenommen.

"Die Fenster stellen die Musen dar, quasi Schutzheilige des Geistes und der Kultur, die am Gymnasium Dormagen ihre Heimat finden sollten", erinnert BvA-Lehrer Lars Kraegeloh. Dabei orientierte sich Schreiber nicht an den antiken Musen, jenen Töchtern des Zeus und der Mnemosyne (Gedächtnis, Erinnerung), sondern ist - in seinen eigenen Worten - "in der Darstellung frei, spielerisch, eben: musisch", formulierte der Künstler in der Festschrift 1966. Der inzwischen pensionierte Lehrer Helmut Garritzmann, der über 30 Jahre Aufführungen des Literaturkurses in der Aula inszenierte, erläuterte 2011 im Jubiläums-Jahrbuch der Schule: "In den Bildsäulen sieht man zunächst die materialgebundenen Ausdrucksformen Malerei, Bildhauerei und Architektur. Das zweite Fensterfeld wird den rhythmisch-musikalischen Ausdrucksmöglichkeiten gewidmet, dem Tanz und der Musik. Das dritte Feld ist der Dichtung zugedacht, der Epik und dem Drama ... Das letzte Feld führt in die Ausdrucksformen der Kontemplation. Eingeleitet wird es von jener Figur, die eigentlich noch der Dichtung zugehörig ist, bei der die Verdichtung und Abstraktion aber am ausgeprägtesten sich äußert, der Lyrik. Eine zarte Gestalt ist dem Lauschen hingegeben. Ihr folgen die Philosophie und die Meditation/Konzentration."

Wie weiter? Nach einer groben Schätzung würde für die Sicherung und eventuelle Weiterverwendung der Glaselemente eine fünfstellige Summe benötigt - ein exakter Kostenvoranschlag liegt aber offenbar nicht vor. Und mittlerweile geht es ja auch nicht mehr um alle Fenster. Bis zum 29. Mai sollte es möglich sein, die Voraussetzungen zu schaffen, um die noch nicht zerstörte Glaskunst zu erhalten. Immerhin handelt es sich bei Otto Andreas Schreiber um "einen der bekanntesten Unbekannten in der deutschen Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts."

 

Fotoquelle: Dormago

Pressefotos
Ein Teil der Glaskunst von Otto Andreas Schreiber ist in der Aula noch erhalten
Ein Teil der Glaskunst von Otto Andreas Schreiber ist in der Aula noch erhalten
Das im Wienand Verlag erschienene Buch würdigt das Leben und Werk von Otto Andreas Schreiber
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