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„Eigenhändig errichtete Testamente sind häufig unklar formuliert“

01.03.2024 / 8:25 Uhr — Sprechzeit / duz

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Foto: Sprechzeit / shutterstock In der Sprechzeit ging es um das Thema Erben und Vererben
In der Sprechzeit ging es um das Thema Erben und Vererben
Wer in Deutschland seinen Nachlass regeln möchte, hat die Wahl: Er oder sie kann die Sache auf sich beruhen lassen und auf die gesetzliche Erbfolge vertrauen – oder die Gestaltungsmöglichkeiten eines Testaments oder Erbvertrags nutzen. Um für Klarheit zu sorgen, wer erben soll und Hinterbliebene vor Missverständnissen zu schützen, die vor Gericht geklärt werden müssen, empfiehlt sich ein notariell beurkundetes Testament. Denn der Beurkundung geht stets eine individuelle Beratung voraus, die keine zusätzlichen Kosten verursacht. Worauf es bei der Gestaltung des letzten Willens ankommt und welche Fehler häufig gemacht werden, dazu informierten Notarinnen und Notare der Notarkammer Koblenz am Lesertelefon, an dem sich auch Dormago beteiligte. Nachfolgend die wichtigsten Fragen und Antworten.

Wer erbt mein Vermögen nach der gesetzlichen Erbfolge?
Christina Bott: Das hängt von Ihrer Familienkonstellation ab. Gesetzliche Erben erster Ordnung sind die Kinder. Gibt es keine Kinder, erben die Eltern als Erben zweiter Ordnung. Sind diese schon verstorben, treten deren Kinder, also die Geschwister an deren Stelle. Neben Verwandten hat auch der Ehegatte ein gesetzliches Erbrecht. Was viele nicht wissen: Der Ehegatte erbt nicht etwa alles, sondern erhält je nach Güterstand neben Kindern zum Beispiel nur die Hälfte des Vermögens. Wer das nicht möchte, muss aktiv werden und ein Testament errichten.

Welche Gestaltungsmöglichkeiten habe ich mit einem Testament?
Sebastian Miesen: Mit einem Testament regelt man, wer das Vermögen im Todesfall erhält und wer gegebenenfalls von der Erbfolge ausgeschlossen wird. Darüber hinaus gibt es viele weitere mögliche Gestaltungen. Es können zum Beispiel Regelungen zu Vermächtnissen, Vor- und Nacherbfolge und Testamentsvollstreckung aufgenommen werden.

Was ist der Unterschied zwischen Testament und Erbvertrag?
Oliver Spitzhorn: Das Testament kann als Einzeltestament oder von Ehegatten als gemeinschaftliches Testament errichtet werden. Der Erbvertrag enthält, genau wie das Testament, Verfügungen von Todes wegen, wird aber in Vertragsform von mindestens zwei Parteien errichtet, die nicht zwingend miteinander verheiratet sein müssen. Der Erbvertrag ist für diese bindend und kann nicht einfach einseitig geändert werden; dies kann jedoch im Einzelfall anders geregelt werden. Aber auch gemeinsame Testamente können gewisse Bindungswirkungen nach sich ziehen. Erbverträge müssen notariell beurkundet werden.

Welche Anforderungen gibt es an ein eigenhändig errichtetes Testament?
Hans Jürgen Baltes: Der gesamte Text des Testaments muss vom Erblasser selbst handschriftlich aufgeschrieben und am Ende unterschrieben werden. Außerdem sollten Ort und Datum enthalten sein. Beim gemeinschaftlichen Testament von Ehegatten reicht es, wenn einer von beiden den Text schreibt und dann beide die Erklärung unterschreiben. Leider enthalten eigenhändig errichtete Testamente oft Unklarheiten und Fehler, die nicht selten zu Streitigkeiten unter den Hinterbliebenen führen. Deshalb ist eine notarielle Beratung und Beurkundung zu empfehlen.

Mein Mann und ich wollen uns gegenseitig mit einem Berliner Testament absichern. Ist das sinnvoll?
Julia Schellenbach: Mit dem Berliner Testament setzen Ehegatten sich gegenseitig nach dem Tod des Erstversterbenden zu alleinigen Erben ein. Erst nach dem Tod des zweiten Ehegatten erben dann andere Personen, in der Regel die gemeinsamen Kinder. Der Vorteil ist, dass der überlebende Ehegatte frei über das gesamte Vermögen verfügen kann. Bei größeren Vermögen kann diese Gestaltung aber steuerliche Nachteile haben. Zudem ist das Pflichtteilsrecht der Kinder nach dem Tod des ersten Elternteils zu beachten. Das sollten Sie vor der Entscheidung abwägen und sich entsprechend beraten lassen.

Welche Gestaltungen gibt es für Patchwork-Familien?
Oliver Spitzhorn: Bei Patchwork-Familien soll es in den meisten Fällen nicht bei der gesetzlichen Erbfolge bleiben. Die Notarin oder der Notar ermittelt in einem persönlichen Gespräch mit den Beteiligten, welche Verteilung des Nachlasses gewünscht ist. Das Testament oder der Erbvertrag enthält dann Regelungen, die individuell an die Familiensituation angepasst sind. Das kann spätere Streitigkeiten innerhalb der Familie vermeiden.

Wie kann ich einzelne Dinge bestimmten Personen hinterlassen?
Sebastian Miesen: Das regelt man durch ein Vermächtnis. Die bedachte Person, der Vermächtnisnehmer, wird nicht selbst Erbe, sondern erhält einen Anspruch gegen den oder die Erben auf Herausgabe des vermachten Gegenstandes oder Geldbetrages. Hier liegt auch der wichtige Unterschied zwischen „Vererben“ und „Vermachen“. Diese Begriffe werden in eigenhändigen Testamenten leider oft verwechselt, was später zu Unklarheiten und Streit führen kann.

Kann ich bestimmte Personen vom Erbe ausschließen?
Julia Schellenbach: Ja, bestimmte Personen können durch ein Testament oder einen Erbvertrag enterbt werden. Das passiert entweder ausdrücklich oder durch Einsetzung anderer als der gesetzlichen Erben. Etwaige Pflichtteilsansprüche bleiben jedoch grundsätzlich erhalten. Diese können grundsätzlich nur durch einen notariellen Pflichtteilsverzichtsvertrag beseitigt werden.

Wem steht ein Pflichtteil zu?
Christina Bott: Zu den Pflichtteilsberechtigten gehören nur der Ehegatte, die Abkömmlinge und die Eltern. Zu den Abkömmlingen gehören alle leiblichen, also auch nichteheliche, sowie adoptierte Kinder. Sind die Kinder verstorben, treten an ihre Stelle die Enkel. Die Eltern sind pflichtteilsberechtigt, wenn keine Abkömmlinge vorhanden sind. Übrigens: Der Pflichtteil steht den Berechtigten erst nach dem Tod des Erblassers und nicht schon zu dessen Lebzeiten zu.

Wie hoch ist der Pflichtteil?
Hans Jürgen Baltes: Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Wäre ein Kind also zum Beispiel neben einem Geschwisterkind und dem Vater zu 1/4 Erbe nach dem Tod der Mutter geworden und wurde enterbt, kann es den Pflichtteil in Höhe von 1/8 gegen die Erben geltend machen. Ein häufiger Irrtum: Der Pflichtteilsanspruch ist immer nur ein Geldanspruch und bedeutet keine Berechtigung an einzelnen Nachlassgegenständen.

Wie erfahren Hinterbliebene, dass ein Testament vorliegt?
Julia Schellenbach: Notarinnen und Notare registrieren Testamente und Erbverträge im Zentralen Testamentsregister der Bundesnotarkammer. Dieses benachrichtigt im Todesfall die Stelle, die das Testament oder den Erbvertrag verwahrt, in der Regel also das örtliche Amtsgericht. Dieses wiederum liefert die Verfügung von Todes wegen an das Nachlassgericht ab, das dann die Erben informiert. Eigenhändige Testamente sollten deshalb beim Amtsgericht in Verwahrung gegeben werden, damit eine Registrierung erfolgt und das Testament im Todesfall gefunden wird.

Gibt es Fälle, in denen ein notarielles Testament Pflicht ist?
Oliver Spitzhorn: Gesetzlich verpflichtend ist die notarielle Beurkundung nur für Erbverträge. Trotzdem ist sie auch für Testamente absolut zu empfehlen. Zum einen wegen der Beratung, die im Falle der Beurkundung keine zusätzlichen Kosten auslöst. Zum anderen enthält das notarielle Testament klare und rechtssichere Regelungen und beseitigt Zweifel an der Testierfähigkeit. Die Erben benötigen bei Vorliegen eines notariellen Testaments in der Regel auch keinen Erbschein mehr. Das erleichtert die Nachlassabwicklung und spart Kosten.

Was kostet ein notariell beurkundetes Testament?
Sebastian Miesen: Die Notarkosten sind gesetzlich festgelegt und werden auf der Grundlage Ihrer Vermögensverhältnisse berechnet. So kann jeder sich die Errichtung eines notariellen Testaments leisten. Die vorherige individuelle Beratung ist inklusive.

Wer stellt sicher, dass mein letzter Wille auch befolgt wird?
Christina Bott: Sie können Testamentsvollstreckung anordnen. Der Testamentsvollstrecker kann dann unter anderem die Aufgabe haben, Ihren letzten Willen zur Ausführung zu bringen und beispielsweise bei einer Erbengemeinschaft die Auseinandersetzung unter den Erbinnen und Erben vorzunehmen. Das ist zum Beispiel sinnvoll, wenn die Erben noch minderjährig sind oder aus sonstigen Gründen mit der Verwaltung des Nachlasses überfordert wären.

Wie gehe ich vor, wenn ich mein Testament später ändern möchte?
Hans Jürgen Baltes: Änderungen am Testament sind jederzeit möglich. Wichtig ist, auch dabei auf die richtige Form zu achten und nicht einfach Streichungen oder Ergänzungen in dem vorhandenen Testament vorzunehmen. Mit der Neuerrichtung eines Testaments können vorherige Testamente ganz oder teilweise aufgehoben werden. Im Falle einer vollständigen Aufhebung kann das vorherige Testament bei Bedarf aus der amtlichen Verwahrung genommen und vernichtet werden.

Weiterführende Informationen
Bundesnotarkammer
Informationen zu Vererben und Schenken
Bundesnotarkammer – Zentrales Testamentsregister
Informationen zum Zentralen Testamentsregister
Medienverbund der Notarkammern
Informationen zum Thema Erben und Vererben

Diese Expertinnen und Experten der Notarkammer Koblenz waren am Lesertelefon
- Notar Hans Jürgen Baltes
- Notarin Christina Bott
- Notar Sebastian Miesen
- Notarin Julia Schellenbach
- Notar Oliver Spitzhorn
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